Geschichte des Zivildienstes

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Der Weg zum Zivildienstgesetz 1974

Mit der Unabhängigkeit Österreichs nach dem Staatsvertrag von 1955 wurde die allgemeine Wehrpflicht als Basis der militärischen Landesverteidigung eingeführt. Die Möglichkeit, einen Wehrersatzdienst zu leisten, gab es damals noch nicht. Wer aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe ablehnte, konnte – wenn dem Antrag stattgegeben wurde – innerhalb des Bundesheeres einen „Dienst ohne Waffe“ leisten. Damit wurde das Recht auf Gewissensfreiheit zwar formal respektiert, durch die funktionelle und organisatorische Eingliederung des „Waffendienstverweigerers“ in das Bundesheer jedoch faktisch wieder eingeschränkt. Zudem dauerte der Präsenzdienst ohne Waffe 12 Monate, also um 3 Monate länger als der Dienst mit Waffe.

Ab Mitte der 1960er-Jahre wurde die Wehrdienstverweigerung in Österreich – insbesondere in den Jugendorganisationen – verstärkt diskutiert. Auch auf europäischer Ebene wurde die Möglichkeit, aus Gewissensgründen eine Befreiung von der Wehrpflicht vorzusehen, erörtert. Im Jahr 1967 befürwortete die Beratende Versammlung des Europarates die Einführung eines Rechtes auf Waffendienstverweigerung aus Gewissensgründen und setzte damit ein wichtiges Signal für die Schaffung eines Wehrersatzdienstes in den Mitgliedstaaten.

In Österreich thematisierte die Regierungserklärung von 1971 einen Wehrersatzdienst außerhalb des Bundesheeres, im Jahr darauf wurde eine Regierungsvorlage zum Zivildienstgesetz eingebracht. Am 6. März 1974 wurde das Zivildienstgesetz beschlossen, mit 1. Jänner 1975 trat dieses in Kraft. Die Vollziehung eines Großteils der zivildienstrechtlichen Bestimmungen wurde dem Bundesministerium für Inneres zugeordnet.

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Zivildienstgesetzes führten 1974 als Gründe für die Schaffung des Zivildienstes aus, dass die Gewissensfreiheit zu respektieren sei, ein internationaler Trend zur Einrichtung eines Wehrersatzdienstes bestehe und die „Waffendienstverweigerer" innerhalb des Bundesheeres eine Minderheit darstellen würden, die von der überwiegenden Mehrheit der Waffentragenden als Außenseiter betrachtet und vom Standpunkt des Bundesheeres einen Fremdkörper darstellen würden.

Der Zivildienst sollte keinen Fluchtweg für Personen darstellen, die sich den Belastungen des Präsenzdienstes entziehen wollten. Vielmehr sollte der Zivildienst hinsichtlich seiner Bedeutung für die Republik Österreich, seiner Belastungen und der Besoldung des Zivildienstpflichtigen dem Wehrdienst möglichst entsprechen. Zudem sollte die Einsatzfähigkeit des Bundesheeres nicht geschmälert werden – diesem sollte stets eine ausreichende Anzahl junger Männer zur Verfügung stehen. Der Zivildienst wurde daher nicht als Alternative zum Wehrdienst konzipiert, sondern als außerhalb des Bundesheeres zu leistender Wehrersatzdienst.

Die Zivildienstleistenden sollten nicht in einer eigenen staatlichen Formation (einer Zivildiensttruppe) zusammengezogen werden, sondern bei bestehenden gemeinnützigen privaten oder öffentlich-rechtlichen Institutionen tätig sein.

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Gewissenprüfung durch die Zivildienstkommission bis Ende 1991

Jeder männliche österreichische Staatsbürger wird ab dem 17. Geburtstag vom Militärkommando schriftlich zur Stellung aufgefordert. Bei der Stellung wird die Eignung zum Wehrdienst ermittelt. Die Tauglichkeit ist eine Voraussetzung für die Leistung des Präsenzdienstes - und damit auch für den Zivildienst.

Das Recht, statt des Wehrdienstes den Zivildienst zu leisten, hat, wer es aus Gewissensgründen ablehnt, Waffengewalt gegen Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in Gewissensnot geraten würde. Die Glaubhaftigkeit der Gewissensgründe wurde bis zum Jahr 1991 von einer Kommission geprüft, die beim Bundesministerium für Inneres eingerichtet war. Seit 1992 genügt eine Zivildiensterklärung, die bestimmte formelle Anforderungen erfüllen muss.

Änderungen der Zivildienstdauer

1975 dauerte der ordentliche Zivildienst 8 Monate. Nach Abschaffung der Gewissensprüfung durch die Zivildienstkommission wurde die Dauer des ordentlichen Zivildienstes mit 1. Juni 1992 auf 10 Monate (bei besonderen Belastungen 8 Monate), 1994 auf 11 Monate und 1997 auf 12 Monate (mit 2 Wochen Urlaubsanspruch) verlängert. Seit 1. Jänner 2006 dauert der ordentliche Zivildienst 9 Monate.

Eine Zuweisung zum ordentlichen Zivildienst ist bis zum 35. Geburtstag möglich. Die Pflicht, einen außerordentlichen Zivildienst zu leisten, erlischt mit Vollendung des 50. Lebensjahres.

Erweiterung der Einsatzgebiete für Zivildienstleistende

Der Zivildienst kann nur auf dem Gebiet der Republik Österreich geleistet werden. Beim Zivildienst sollen Leistungen erbracht werden, die für die Gemeinschaft notwendig und nützlich sind. Die Schwerpunkte liegen im Rettungswesen, in der Sozial- und Behindertenhilfe und in der Katastrophenhilfe. Weitere Dienstleistungsbereiche sind Krankenanstalten, Altenbetreuung, Flüchtlingsbetreuung, Kinderbetreuung, Jugendarbeit, Sicherheit im Straßenverkehr, inländische Gedenkstätten oder der Umweltschutz. Einige dieser Dienstleistungsbereiche sind von Anfang an dabei, andere im Laufe der Jahre hinzugekommen, wie beispielsweise die Sparte Kinderbetreuung Ende 2010. Die Einsatzorte verteilen sich über ganz Österreich.

Attraktivierung des Zivildienstes

Der Zivildienst wurde seit seinem Bestehen mehrmals reformiert, attraktiver gemacht und an die gesellschaftlichen Veränderungen angepasst.

1986 wurde das Zivildienstgesetz 1974 als Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) wiederverlautbart. Die Novellen der 1990er Jahre berücksichtigten unter anderem vom Verfassungsgerichtshof entwickelte Grundsätze, brachten Änderungen beim Auslandsdienst und bei der Vergütung, sowie legistische und administrative Klarstellungen und Anpassungen an wehrrechtliche Neuerungen. 1991 wurde ein „Waffenverbot“ für Zivildienstpflichtige eingeführt.

Reformen ab den 2000er-Jahren umfassten beispielsweise die Verkürzung der Dauer des Zivildienstes auf 9 Monate (mit 1. Jänner 2006), die Verbesserung der Beschwerdemöglichkeiten durch die Schaffung einer Schlichtungsstelle in den Bundesländern, die Neugestaltung des Zivildienstbeschwerderates, die Erhöhung der Pauschalvergütung, Regelung der Verpflegung, die Ausstellung einer Kompetenzbilanz und zusätzliche Sonderdienstfreistellungstage.

Icon Statistik

Steigendes Interesse am Zivildienst

In den ersten Jahren des Zivildienstes wurden jährlich rund 1.000 bis 2.500 junge Männer zivildienstpflichtig. Mit dem Wegfall der Gewissensprüfung im Jänner 1992 nahmen über 12.000 (Jahr 1992) bzw. 13.850 (Jahr 1993) und 15.754 (Jahr 1994) junge Männer die Gelegenheit wahr, eine Zivildiensterklärung abzugeben. Danach sank die Zahl vorübergehend ab, auf rund 6.000 im Jahr 1995, stieg Mitte der 2000er Jahren jedoch wieder deutlich an und erreichte im Jahr 2014 den Rekordwert von 16.957.

In den letzten Jahren 10 Jahren entschieden sich durchschnittlich rund 45 Prozent der tauglichen Wehrpflichtigen dazu, Zivildienst zu leisten, rund 14.500 Zivildienstleistende wurden jährlich den Zivildiensteinrichtungen zugewiesen.

Die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. von 2002-2005

Die Zivildienstgesetz-Novelle 2001 ermöglichte dem Bundesminister für Inneres, ein privates Unternehmen mit Teilen der Zivildienstverwaltung zu beauftragen. In der Folge wurde die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. mit der Durchführung von Zivildienst-Agenden beauftragt, die am 1. April 2002 ihre Arbeit aufnahm. Jene Zivildienst-Agenden, bei denen in Grundrechte eingegriffen wurde, verblieben jedoch weiterhin im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Inneres.

Icon Institution

Zuständigkeit der Zivildienstserviceagentur seit 2005

Aufgrund einer Beschwerde eines Zivildienstpflichtigen prüfte der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Verfassungskonformität der Zivildienstgesetz-Novelle 2001. In seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2004 (G 36/2004) beurteilte der Verfassungsgerichtshof die Auslagerung hoheitlicher Tätigkeiten als verfassungswidrig - die entsprechenden Bestimmungen wurden mit Ablauf des 31. Dezember 2005 aufgehoben.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes seien die militärische Landesverteidigung und der Zivildienst eng miteinander verknüpft, da es sich in beiden Fällen um die Ableistung eines staatlichen Dienstes handle und die Verpflichtung zur Leistung des Wehrersatzdienstes auf der Wehrpflicht beruhe.

Durch die vertragliche Betrauung eines privaten Unternehmens mit Aufgaben der Zivildienstverwaltung werde in die verfassungsrechtlich geschützten Grundrechte des Einzelnen erheblich eingegriffen. Außerdem handle es sich beim Zivildienst, so der Verfassungsgerichtshof, um einen Kernbereich der staatlichen Verwaltung, der einer Ausgliederung nicht zugänglich sei. Die Konsequenz dieser Entscheidung war, dass die Zivildienst-Agenden wieder von einer staatlichen Behörde wahrgenommen werden mussten.

In der Folge wurde mit 1. Oktober 2005 die Zivildienstserviceagentur (ZISA) als untergeordnete Behörde des Bundesministeriums für Inneres errichtet. Alle erstinstanzlichen Agenden des Zivildienstes wurden in dieser Behörde gebündelt, wodurch Aufgaben auch rascher und effizienter umgesetzt werden können. Bis heute ist die Zivildienstserviceagentur mit Sitz in Wien für den Vollzug des Zivildienstgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen zuständig.

Landeshauptleute und Bezirksverwaltungsbehörden

Im Bereich Zivildienst sind die Landeshauptleute (per Adresse die Ämter der Landesregierungen) für die Anerkennung der Zivildiensteinrichtungen und aller damit verbundenen Änderungen zuständig. Weitere Aufgaben sind die behördliche Überwachung der Pflichten der Rechtsträger und Zivildienst-Einrichtungen sowie (im Anlassfall) die Errichtung einer Schlichtungsstelle zur einvernehmlichen Lösung von Beschwerdefällen in Zivildienst-Angelegenheiten.

Die Bezirksverwaltungsbehörden (Magistratische Bezirksämter und Bezirkshauptmannschaften) unterstützen die Ämter der Landesregierungen bei der Kontrolle der Zivildiensteinrichtungen und führen Verwaltungsstrafverfahren bei Anzeigen nach dem Zivildienstgesetz durch. Außerdem sind sie für die Überprüfung von Krankenständen und der Dienstfähigkeit der Zivildienstpflichtigen zuständig (Amtsarztuntersuchungen).

Icon Experten

Volksbefragung am 20. Jänner 2013

Am 20. Jänner 2013 wurden die Stimmberechtigten bei der ersten bundesweiten Volksbefragung in Österreich gefragt, ob sie für „die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres“ oder für „die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes“ seien. 59,7 Prozent stimmten für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes. 40,3 Prozent sprachen sich für ein Berufsheer und ein bezahltes freiwilliges Sozialjahr aus. Laut Meinungsforschungsinstituten war das Interesse der Österreicherinnen und Österreicher an der Aufrechterhaltung des Zivildienstes ein maßgebliches Motiv für das Ergebnis der Volksbefragung.

Übertragung der Zivildienstagenden an das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus im Jänner 2020

Durch die Änderung der Ressortzuständigkeiten im Zuge der Regierungsbildung 2020 wurden die Zivildienstagenden – und damit auch die Zivildienstserviceagentur – mit 29. Jänner 2020 dem Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) zugeordnet.

Das Foto zeigt einen älteren Menschen im Rollstuhl und einen Zivildiener vor einem großen Besucherfenster im Pflege- und Betreuungszentrum Scheiblingkirchen während der COVID-Ausnahmesituation 2020. Vor dem Besucherfenster sitzen oder stehen 3 Personen (eine Frau, ein junger Mann und ein weiterer Mann). Der Bewohner und die Besucher winken sich freundlich zu. Der Zivildiener trägt einen Mund-Nasenschutz.

Außerordentlicher Zivildienst von März 2020 bis Juli 2020

Mitte März 2020 wurde - erstmalig seit Bestehen des Zivildienstes in Österreich - von der damals zuständigen Bundesministerin Elisabeth Köstinger - der außerordentliche Zivildienst ausgerufen. Auslöser war die COVID-19-Ausnahmesituation, deren Entwicklung zu Beginn schwer einzuschätzen war. Aufgrund der steigenden Anzahl an Erkrankten wurde eine Überlastung des Gesundheits-, Pflege- und Sozialsystems befürchtet. Der Einsatz der außerordentlichen Zivildienstleistenden in relevanten Bereichen sollte den negativen Entwicklungen entgegenwirken und zu einer Entlastung des Personals führen, sodass ausreichend Schutzmaßnahmen durchgeführt und notwendige Leistungen weiterhin erbracht werden konnten.

Innerhalb von 2 Wochen konnten mehr als 2.000 Freiwillige, die sich noch einmal für den Zivildienst gemeldet hatten, den Einrichtungen zugewiesen werden. Weiters wurde der Dienst von rund 1.500 Zivildienstleistenden verlängert. Zusätzliche 1.000 Freiwillige traten im Mai 2020 ihren außerordentlichen Zivildienst an. Insgesamt haben während der COVID-Ausnahmesituation zwischen April und Juli 2020 rund 4.500 außerordentliche Zivildienstleistende die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereiches, der von erhöhter Arbeitsintensität betroffen war, unterstützt.

Die Zuweisung der außerordentlichen Zivildienstleistenden erfolgte insbesondere zu Einrichtungen in den Dienstleistungssparten Rettungswesen, Sozial- und Behindertenhilfe, Altenbetreuung, Krankenanstalten, Katastrophenhilfe und Zivilschutz, Krankenbetreuung und Gesundheitsvorsorge. Zivildienstleistende, die in Einrichtungen tätig waren, die aufgrund von COVID-19-Verordnungen vorübergehend geschlossen werden mussten, wurden zu Einrichtungen in den oben genannten Sparten versetzt.

Aufgrund der gesunkenen Infektionszahlen wurde der außerordentliche Zivildienst Ende Juli 2020 beendet.

Einführung der „Teiltauglichkeit" im Juli 2021

Als Ergebnis der aktuell vorliegenden geburtenschwachen Jahrgänge ist die Zahl der tauglichen Männer in den letzten Jahren stark gesunken – von rund 39.500 im Jahr 2010 auf etwa 29.800 im Jahr 2019, das ist ein Minus von 25 Prozent. Im Jahr 2020 gab es einen weiteren Rückgang auf 23.565, allerdings waren Stellungen aufgrund der Corona-Entwicklungen teilweise ausgesetzt und konnten erst im Jahr 2021 durchgeführt werden. Daraus folgt eine höhere Anzahl der tauglichen Wehrpflichtigen im Jahr 2021 mit 35.835 bzw. 31.887 im Jahr 2022. Im Jahr 2023 wurde bei rund 31.300 Männern die Tauglichkeit festgestellt. Das ist ein Rückgang um rund 21 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010.

Als wichtige Maßnahme der Bundesregierung, um den geburtenschwachen Jahrgängen entgegenzuwirken, wurde im Jahr 2021 die „Teiltauglichkeit" eingeführt. Dadurch können junge Männer mit leichten körperlichen Einschränkungen auch den Grundwehrdienst oder Zivildienst leisten. Die Zivildienstserviceagentur empfiehlt „Teiltauglichen", Wunscheinrichtungen zu kontaktieren und sich als Wunschkandidat anfordern zu lassen. Dabei können Zivildienstpflichtige mit der Wunscheinrichtung klären, ob ein Einsatz entsprechend allfälliger körperlicher Einschränkungen möglich ist.

Seit der Einführung der Teiltauglichkeit haben sich rund 900 teiltaugliche Männer für den Zivildienst entschieden, davon wurden (von 2021 bis Dez 2023) bereits rund 500 den Einrichtungen zugewiesen. Diejenigen, die noch nicht zugewiesen werden konnten, stehen noch in Ausbildung.

Übertragung der Zivildienst-Agenden an das Bundeskanzleramt im Juli 2022

Seit 18. Juli 2022 sind die Angelegenheiten des Zivildienstes – und damit auch die Zivildienstserviceagentur - dem Bundeskanzleramt unterstellt (siehe auch Bundesministeriengesetz-Novelle BGBl. I Nr. 98/2022).

Neuerungen mit ZDG-Novelle 2024

Mit einer Novelle des Zivildienstgesetzes im Juli 2024 wurde der Zivildienst an gesellschaftliche Veränderungen angepasst. So haben Zivildienstleistende ab sofort einen Anspruch auf einen "Papamonat" bei der Geburt eines Kindes. Außerdem kann der Zivildienst bei besonderen wirtschaftlichen oder familiären Gründen in 2 Teilen geleistet werden, wenn die Einrichtung zustimmt.

Die Bestellung der Vertrauenspersonen wurde vereinfacht. In den Dienstleistungssparten Rettungswesen, Sozial- und Behindertenhilfe, Altenbetreuung, Krankenanstalten und Katastrophenschutz ist eine bevorzugte Zuweisung möglich. Bei gesundheitlichen Problemen eines Zivildienstleistenden kann die Zivildienstbehörde eine fachärztliche Untersuchung veranlassen. Der Informationsaustausch zwischen den für Zivildienstangelegenheiten zuständigen Behörden wurde verbessert. Weiters wurden Fristen für die Löschung von Daten festgelegt.

Um eine möglichst hohe Deckung des von den Zivildienstorganisationen gemeldeten Bedarfs an Zivildienstleistenden sicherzustellen, wurden die Anerkennungskriterien von Einrichtungen und die Voraussetzungen für eine Aufstockung von Zivildienstplätzen adaptiert.

Die Novelle ist am 19. Juli 2024 in Kraft getreten.

Icon Welt

Wehrpflicht und Wehrersatzdienst in anderen Ländern

Die Wehrpflicht ist die Pflicht eines Staatsbürgers, für einen gewissen Zeitraum in den Streitkräften oder einer anderen Wehrformation (zum Beispiel im Bereich der Polizei oder des Katastrophenschutzes) seines Landes zu dienen. Ob und für wen eine Wehrpflicht besteht, ist in verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt.

Es kann zwischen einer allgemeinen Wehrpflicht und einer selektiven Wehrpflicht unterschieden werden. Die allgemeine Wehrpflicht kann für Männer - oder für Männer und Frauen, wie beispielsweise in Israel - gelten. Bei der selektiven Wehrpflicht wird nur Teil der Bevölkerung herangezogen, wie beispielsweise in Dänemark 20 Prozent der Wehrfähigen eines Jahrgangs.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verankerten mehrere europäische Länder eine „Wehrdienstverweigerung“ – etwa die Niederlande und Schweden 1920, Norwegen 1921, Finnland 1931, Belgien 1964 und Deutschland 1965. Allerdings wurden der Wehrdienst und damit der Wehrersatzdienst in einigen Ländern in der Zwischenzeit wieder abgeschafft oder ausgesetzt. In Belgien wurde der Wehrdienst im Jahr 1995 abgeschafft. In den Niederlanden wurde die Wehrpflicht mit 1. Mai 1997 und in Deutschland mit 1. Juli 2011 ausgesetzt – das bedeutet, die Wehrpflicht besteht zwar weiterhin, in Friedenszeiten werden aber keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen.

Mit Stand Jänner 2025 halten u.a. Österreich, Dänemark, Estland, Finnland, Griechenland, Israel, Litauen, Norwegen, Russland, Schweden, die Schweiz, Türkei und Zypern an der Wehrpflicht ihrer Staatsbürger fest. In einigen dieser Länder gibt es eine Art des Wehrersatzdienstes für diejenigen, die aus Gewissensgründen den Dienst mit der Waffe verweigern. In Israel, Schweden und Norwegen besteht die Wehrpflicht für männliche und weibliche Staatsbürger.

Warum kein Zivildienst für Frauen?

In Österreich können Frauen keinen Zivildienst leisten, weil es für sie keine Wehrpflicht gibt. Die Wehrpflicht besteht für alle männlichen österreichischen Staatsbürger vom 17. bis zum 50. Geburtstag, für Offiziere, Unteroffiziere oder Spezialkräfte bis zum 65. Geburtstag.

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Video Zivildienst seit 1975

Zeittafel Zivildienst in Österreich

1955 Einführung der allgemeinen Wehrpflicht für männliche österreichische Staatsbürger als Basis der militärischen Landesverteidigung. Der Präsenzdienst dauerte 9 Monate.
1955-1975 Wenn ein Wehrpflichtiger den Dienst mit der Waffe aus Gewissensgründen ablehnte, konnte er – wenn dem Antrag stattgegeben wurde – innerhalb des Bundesheeres einen „Dienst ohne Waffe“ leisten. Dieser dauerte 12 Monate, also um 3 Monate länger als der Präsenzdienst.
1971 1971 wurde die Etablierung eines Zivildienstes erstmals in ein Regierungsprogramm geschrieben, im Jahr darauf eine Regierungsvorlage zum Zivildienstgesetz eingebracht.
1975 Am 6. März 1974 erfolgte der Beschluss des Zivildienstgesetzes, das mit 1. Jänner 1975 in Kraft trat. Die mit dem Zivildienst verbundenen Belastungen und die Besoldung der Zivildienstpflichtigen sollten so weit wie möglich jenen der Wehrdienstpflichtigen entsprechen. Die Dauer des ordentlichen Zivildienstes betrug 8 Monate. „Wehrdienstverweigerer" mussten ihre Gewissensvorbehalte vor einer Kommission glaubwürdig begründen. Im Jahr 1975 leisteten 344 Männer den Zivildienst.
1980-2000 Einführung eines vom Bundesministerium für Inneres durchgeführten Grundlehrganges zur Ausbildung der Zivildienstleistenden. (Der Grundlehrgang entfiel mit 1. Juni 2000.)
1986 Wiederverlautbarung des Zivildienstgesetzes als Bundesgesetz über den Zivildienst (Zivildienstgesetz 1986–ZDG)
1992 Abschaffung der Gewissensprüfung vor einer Kommission ab 1. Jänner 1992 (ZDG-Novelle 1991). Seitdem ist für den Zugang zum Zivildienst eine Zivildiensterklärung ausreichend, die bestimmte formelle Anforderungen erfüllen muss. Neuerungen ab 1. Juni 1992: Verlängerung der Zivildienstdauer auf 10 Monate (ausgenommen bei besonderer physischer, psychischer und arbeitszeitlicher Belastung: 8 Monate). Einführung eines Waffenverbotes für Zivildienstpflichtige für die Dauer von 20 Jahren ab Rechtskraft des Bescheides, mit dem die mängelfreie Einbringung der Zivildiensterklärung festgestellt wurde; Erweiterung der Dienstleistungsbereiche um Altenbetreuung, Krankenpflege, Betreuung von Asylwerbern und Flüchtlingen, Betreuung von gesellschaftlichen und sozialen Randgruppen; Etablierung des Zivildienstrates; Ermöglichung eines Auslandsdienstes (eines 12-monatigen Gedenk-, Sozial- oder Friedensdienstes) als Ersatz für den ordentlichen Zivildienst; (Im Jahr 2013 erfolgte die Neuregelung des Auslandsdienstes.)
1994 Verlängerung der Zivildienstdauer auf 11 Monate, Verkürzung des Waffenverbotes für Zivildienstpflichtige auf 15 Jahre
1997 Verlängerung der Zivildienstdauer auf 12 Monate, Anspruch auf 2 Wochen Dienstfreistellung, Erweiterung der Dienstleistungsbereiche; Verlängerung der Frist für die Abgabe der Zivildiensterklärung: Mit Abschluss des Stellungsverfahrens hat der Wehrpflichtige 6 Monate und darüber hinaus bis 3 Tage vor Zustellung eines Einberufungsbefehles Zeit, eine Zivildiensterklärung abzugeben (ZDG-Novelle 1996).
2000 Mit 1. Juni 2000 entfiel der vom Bundesministerium für Inneres durchgeführte Grundlehrgang. (Hinweis zur Einschulung: Nach § 38 Abs. 1 ZDG hat der Rechtsträger der Einrichtung dafür zu sorgen, dass die Zivildienstleistenden nachweislich ausreichend über ihre Rechte und Pflichten belehrt werden, sowie eingeschult und fortgebildet werden, soweit dies für die ordnungsgemäße Leistung des ordentlichen Zivildienstes erforderlich ist.)
2001 Neues Finanzierungsmodell, Erweiterung der Dienstleistungsbereiche um Umweltschutz und Jugendarbeit;
2002–2005 Vom 1. April 2002 bis zum 30. September 2005 war die Zivildienstverwaltungs-Ges.m.b.H im Auftrag des Bundesministeriums für Inneres für die Zuweisung der Zivildienstpflichtigen zuständig.
2004 Einführung einer Zivildienstreformkommission beim Bundesministerium für Inneres mit Vertretern des politischen und gesellschaftlichen Lebens in Österreich; Die Ergebnisse der Arbeit der Zivildienstreformkommission wurden im Jänner 2005 präsentiert und anschließend in die Zivildienstgesetz-Novelle 2005 eingearbeitet.
2005 Mit 1. Oktober 2005 wurde die Zivildienstserviceagentur als untergeordnete Behörde des Bundesministeriums für Inneres errichtet. Alle erstinstanzlichen Agenden des Zivildienstes wurden in dieser Bundesbehörde gebündelt, wodurch Aufgaben rascher und effizienter umgesetzt werden können. Bis heute ist die Zivildienstserviceagentur mit Sitz in Wien für den Vollzug des Zivildienstgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen zuständig.
2006 Mit der Verkürzung des Präsenzdienstes auf 6 Monate folgte mit 1. Jänner 2006 die Verkürzung des Zivildienstes von 12 auf die bis heute gültigen 9 Monate. Zugleich wurde die Möglichkeit einer 3-monatigen freiwilligen Verlängerung durch Vereinbarung, für die eine Freiwilligenförderung ausgezahlt wurde, eingeführt. (Die Verlängerung durch Vereinbarung entfiel mit 1. Jänner 2011.) Weitere Neuerungen: deutliche Erhöhung der Grundvergütung für Zivildienstleistende, Neuregelung der Verpflegung, Ausstellung von Kompetenzbilanz und Praxisnachweis, Verbesserung der Beschwerdemöglichkeiten, Neuregelung der Vertrauenspersonenwahl;
2008

Seit 2008 werden die Zivildiener des Jahres Landessieger und ein Bundessieger für herausragende Leistungen im Rahmen des Zivildienstes ausgezeichnet.

2010 Durch die Zivildienstgesetz-Novelle 2010 (Inkrafttreten mit 1. November 2010) können Zivildienstpflichtige in begründeten Fällen – etwa für die Ausübung der Jagd – eine Ausnahmegenehmigung vom Waffenverbot erhalten. Wenn Zivildienstpflichtige nach Ableistung des Zivildienstes eine Laufbahn beispielsweise bei der Polizei oder Justizwache anstreben, ist das Erlöschen der Zivildienstpflicht möglich. Weitere Neuerungen: Erweiterung der Dienstleistungsbereiche um Kinderbetreuung und Integration oder Beratung Fremder. Ein neues Zivildienstabzeichen ersetzt das frühere Metallabzeichen. Einführung von 2 Tagen Sonderdienstfreistellung für Ausbildungszwecke oder Berufsvorbereitungen; Vorzeitige Entlassung bei durchgehendem Krankenstand von 18 Tagen (mit 1. Jänner 2019 erfolgte die Änderung auf in Summe 24 Krankenstandstage); Untersuchung durch einen Vertrauensarzt der Einrichtung; Nichteinrechnung von Tagen in die Zeit des Zivildienstes;
2011 Mit 1. Juni 2011 wechselte die Zuständigkeit für die Erlassung von Bescheiden über Wohnkostenbeihilfe und Familien-/Partnerunterhalt von den Bezirksverwaltungsbehörden zum Heerespersonalamt. Aufgrund der Verkürzung des Zivildienstes von 12 auf 9 Monate mit 1. Jänner 2006 meldeten die Einrichtungen für das Jahr 2006 einen um durchschnittlich 23% höheren Bedarf an Zivildienstpflichtigen. Da dieser höhere Bedarf die Verkürzung der Zivildienstdauer ausgeglichen hatte – und der Bedarf in den Folgejahren sogar noch weiter anstieg  entfiel mit 1. Jänner 2011 die freiwillige Verlängerung um 3 Monate durch Vereinbarung.
Jänner 2013 Am 20. Jänner 2013 konnten die Stimmberechtigten bei der ersten Volksbefragung der Republik Österreich abstimmen, ob sie „die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres“ oder „die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes“ befürworten. Die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und die gleichzeitige Aufrechterhaltung des Zivildienstes wurden von 59,7% der Stimmberechtigten befürwortet.
2013 Seit 2013 wird unter bestimmten Voraussetzungen die Leistung eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ), Freiwilligen Umweltschutzjahres (FUJ) oder eines Gedenk-, Friedens- und Sozialdienstes im Ausland als „Ersatz“ für den Zivildienst angerechnet. Weitere Neuerungen durch die Zivildienstgesetz-Novelle 2013 ab 1. Oktober 2013: Zuweisung bis 3 Werktage vor dem Dienstantritt; kurzfristige Überschreitung der maximal genehmigten Zivildienstplätze; möglichst hochwertiger Einsatz der Zivildienstleistenden und Möglichkeit des qualifizierten Einsatzes von Zivildienstleistenden; Verlängerung der Frist für die Übermittlung von Krankenstandsbestätigungen des Zivildienstleistenden an die Einrichtung auf maximal 7 Kalendertage; Neuregelung von Meldepflichten; Neuregelung der Kompetenzbilanz, die Zivildienstleistende mit Ende des Zivildienstes erhalten; Widerruf der Einrichtung bei sozialrechtlichen Verstößen; Einführung eines Ausbildungsbeitrages an Rechtsträger der Einrichtungen für Ausbildungen von Zivildienstleistenden. Diese Regelung war auf 5 Jahre (bis 31. Dezember 2017) befristet und wurde nach einer Evaluierung aufgrund des geringen Interesses nicht verlängert.
2016 Seit 2016 wurden durch Novellen des Zivildienstgesetzes und Freiwilligengesetzes die Freiwilligendienste im In- und Ausland im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gebündelt.
2019 Mit 1. Jänner 2019 (ZDG-Novelle 2018) traten folgende Neuerungen in Kraft: Wenn ein Zivildienstleistender in Summe 24 Kalendertage im Krankenstand (dienstunfähig) ist, ist er automatisch aus dem Zivildienst entlassen, außer, wenn die Gesundheitsschädigung nachweislich auf den Zivildienst zurückzuführen ist. Einrichtungen (bzw. deren Rechtsträger), die 3 Jahre lang keinen Bedarf gemeldet haben, werden als Zivildiensteinrichtung widerrufen. Mit 1. Juli 2019 wurden ein E-Learning-Modul für Vorgesetzte der Zivildienstleistenden und das E-Learning-Modul „Staat und Recht" für Zivildienstleistende etabliert.
Jänner 2020 - Juli 2022

Die Angelegenheiten des Zivildienstes und damit auch die Zivildienstserviceagentur wurden mit 29. Jänner 2020 in das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) übergeleitet (Bundesministeriengesetz-Novelle BGBl. I Nr. 8/2020).

März 2020 Während der COVID-19-Ausnahmesituation Mitte März 2020 wurde erstmals in der Geschichte des Zivildienstes der außerordentliche Zivildienst ausgerufen. Anfang April 2020 traten rund 3.500 außerordentliche Zivildienstleistende den Dienst an. Davon waren rund 2.000 ehemalige Zivildienstleistende, die sich freiwillig zum außerordentlichen Zivildienst gemeldet hatten, sowie rund 1.500 Männer, die nach Ableistung des regulären Zivildienstes für 3 Monate zum außerordentlichen Zivildienst verpflichtet wurden. Im Mai 2020 begannen weitere rund 1.000 Zivildienstleistende, die sich freiwillig gemeldet hatten, ihren Dienst. Insgesamt unterstützten damit rund 4.500 außerordentliche Zivildienstleistende die Mitarbeitenden im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich. Mit 31. Juli 2020 endete der außerordentliche Zivildienst.
2021 Einführung der Teiltauglichkeit, um den geburtenschwachen Jahrgängen entgegenzuwirken; Dadurch können „teiltaugliche“ Wehrpflichtige mit leichten körperlichen Einschränkungen auch den Zivildienst absolvieren.
April 2022 Etablierung KlimaTicket Ö Zivildienst kostenlos für Zivildienstleistende;
Juli 2022 Seit 18. Juli 2022 sind die Angelegenheiten des Zivildienstes und damit auch die Zivildienstserviceagentur dem Bundeskanzleramt unterstellt (Bundesministeriengesetz-Novelle BGBl. I Nr. 98/2022);
2023 Mit 1. Jänner 2023 wurden die Grundvergütung für Zivildienstleistende und das Zivildienstgeld für Einrichtungen deutlich erhöht. Dabei handelt es sich um die größte Anhebung seit Beginn des Zivildienstes.
September 2023 Zivildienstleistende in den Einsatzbereichen Sozial- und Behindertenhilfe, Altenbetreuung, Krankenbetreuung, Gesundheitsvorsorge und Krankenanstalten können – auf freiwilliger Basis – das UBV-Modul“ (Unterstützung in der Basisversorgung) absolvieren, unter der Voraussetzung, dass die Einrichtung die Absolvierung des Moduls ermöglicht;
Juli 2024

Papamonat“ bei Geburt des Kindes, Vereinfachungen bei der Bestellung der Vertrauensperson, Verpflichtung zur Löschung von Daten, Ermächtigung für eine fachärztliche Untersuchung; Möglichkeit der bevorzugten Zuweisung in den Dienstleistungssparten Rettungswesen, Sozial- und Behindertenhilfe, Altenbetreuung, Krankenanstalten und Katastrophenschutz; Zweiteilung des Zivildienstes in Ausnahmefällen, Änderung der Kriterien für Anerkennung neuer Einrichtungen und Plätze; verbesserter Informationsaustausch zwischen den für Zivildienstangelegenheiten zuständigen Behörden; (ZDG-Novelle 2024)

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