Zivildienst und Ehrenamt

Ein Zivildiener in einer Uniform des Österreichischen Roten Kreuzes begleitet eine ältere Dame bei einem Spaziergang. Der Zivildiener trägt dabei eine Tasche.

Zivildienst und Ehrenamt sind zwei Bereiche, die für Österreich große Bedeutung haben und es gibt einen Zusammenhang zwischen ihnen: Der Zivildienst erleichtert erheblich den Einstieg ins Ehrenamt und beeinflusst in einigen Fällen sogar die Berufswahl der jungen Männer.

Rund 45 Prozent der jungen Männer in Österreich haben sich in den letzten Jahren für den Zivildienst entschieden. Während des Zivildienstes profitieren die Gesellschaft und die jungen Männer selbst auf vielfältige Weise. Darüber hinaus gibt es noch weitere, indirekte Effekte. So erwerben die Zivildienstleistenden zahlreiche Kompetenzen, zum Beispiel im sozialen Bereich. Einen wichtigen Einfluss hat der Zivildienst aber auch auf das Ehrenamt in Österreich.

Zivildienst als Türöffner für das Ehrenamt

Fast die Hälfte aller in Österreich lebenden Menschen engagiert sich ehrenamtlich. Dieses Engagement ist sehr wichtig für das soziale und gesellschaftliche Leben. Der Zivildienst spielt dabei eine sehr große Rolle. Die Zivildienst-Studie 2023 (publiziert im Jahr 2024) des NPO-Kompetenzzentrums der Wirtschaftsuniversität Wien zeigt, dass sich rund 30 Prozent der jungen Männer nach dem Zivildienst als Ehrenamtliche engagieren und rund 8,6 Prozent als hauptamtliche Mitarbeiter in der Organisation mitarbeiten

Dieser Zusammenhang kommt nicht von ungefähr, denn beim Einstieg ins Ehrenamt sind gewisse Barrieren zu überwinden. Meist benötigt man eine Ausbildung – zum Beispiel zum Rettungssanitäter – und muss zunächst die Organisation kennenlernen, um sich gut einbringen zu können. Auch braucht es die Motivation und Entscheidung für eine ehrenamtliche Tätigkeit. Diese Eintrittsbarrieren fallen für viele Zivildienstleistende weg. Durch ihren Zivildienst kennen sie die Organisation und haben bereits die benötigte Ausbildung. Außerdem erhalten sie durch den Zivildienst einen Zugang zum Tätigkeitsbereich und in der Regel auch die Motivation, sich einzubringen, weil sie erkennen, dass sie mit ihrer Arbeit etwas Positives bewirken können.

Zivildienst kann ausschlaggebend für die Berufswahl sein

Immer wieder erkennen junge Männer während ihres Zivildienstes, dass sie Freude und Interesse an sozialen Berufen haben und entscheiden sich für eine Ausbildung oder einen Beruf im Sozial- und Gesundheitsbereich. Wie oben bereits erwähnt, beginnen rund 8,6 Prozent der Zivildienstleistenden nach dem Zivildienst als hauptamtliche Mitarbeiter in ihrer Organisation. Ohne die Möglichkeit, während des Zivildienstes mit diesen Bereichen in Kontakt zu kommen, würden solche Entscheidungen seltener fallen. Auch hier profitiert unsere Gesellschaft, der es insgesamt an Arbeitskräften im Sozial- und Gesundheitsbereich mangelt, vom Zivildienst.

Erfahrungsbericht eines ehemaligen Zivildienstleistenden:

Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter in Uniform des Österreichischen Roten Kreuzes hilft einer Frau, die auf einem Parkplatz am Boden sitzt und möglicherweise verletzt ist. Im Hintergrund ist ein Einsatzfahrzeug des Roten Kreuzes zu sehen. Neben dem Ehrenamtlichen ist ein großer roter Rucksack des Roten Kreuzes zu sehen.

Es ist ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden. Vom Zivildienst zum Ehrenamt.

In einer Welt, in der Hektik und Selbstbezogenheit oft den Ton angeben, gibt es Menschen wie Josef, die bewusst einen anderen Weg gehen. Mit seinen 23 Jahren ist er bereits seit über fünf Jahren in der Rotkreuz-Abteilung Feldkirch als Sanitäter aktiv – ein Weg, den er während seines Zivildienstes begonnen hat und der ihn bis heute erfüllt.

Josefs Rotkreuz-Reise begann im Jahr 2018, als er seinen Zivildienst antrat. Schon damals war er von der herzlichen Aufnahme innerhalb der Rotkreuz-Familie überwältigt. Das Teamgefühl und die Gemeinschaft, die er dort erlebte, faszinierten ihn von Anfang an. Während seiner Zeit als Zivildiener knüpfte er nicht nur zahlreiche Kontakte, sondern entdeckte auch eine Leidenschaft: Menschen in Not beizustehen und ihnen Hilfe zu bieten.

Seine Entscheidung, nach dem Zivildienst als freiwilliger Sanitäter weiterzumachen, war keine Überraschung. Josef schlüpft nun vier- bis fünfmal pro Monat in die rote Jacke, das Symbol von Verantwortung und Solidarität. Als Teil der Schnell-Einsatz-Gruppe (SEG) und Einsatzleitergruppe hat er es sich zudem zur Aufgabe gemacht, Menschen in kritischen Situationen zu unterstützen. Seine Arbeit als Sanitäter hat ihm nicht nur wertvolles Wissen und Fähigkeiten vermittelt, sondern auch eine neue Perspektive auf das Leben selbst gewährt.

Die Momente, die einem Sanitäter in Erinnerung bleiben, sind oft diejenigen, in denen er Großes leistet. Josef hat unzählige Patienten gerettet und ihnen in schwierigen Situationen beigestanden. Ein besonders bewegender Vorfall war der Herz-Kreislaufstillstand eines Mannes Mitte fünfzig, bei dem Josef als Erster vor Ort war. Seine ruhige und entschlossene Art half auch der schockierten Ehefrau, mit der Situation umzugehen. Ihre Dankbarkeit in Form eines Briefes spiegelt die Wertschätzung wider, die Sanitäter wie Josef von den Menschen, denen sie helfen, erhalten.

Doch nicht nur solche heldenhaften Momente machen die Arbeit als Sanitäter aus. Josef erinnert sich auch an seinen allerersten Einsatz während des Zivildienstes, bei dem er zu einem schweren Verkehrsunfall gerufen worden war. Solche Einsätze zeigen auch das perfekte Zusammenspiel der verschiedenen Rettungsorganisationen und die Bedeutung einer gut koordinierten Rettungskette auf. Bei belastenden Einsätzen kann man sich immer auf die Kollegen verlassen und mit ihnen oder einem Peer sprechen.

Neben den spannenden Einsätzen hat Josef beim Roten Kreuz auch eine Gemeinschaft gefunden, deren Mitglieder zu Freunden geworden sind. Die Dienste sind gut über den Monat verteilt und ermöglichen es den Freiwilligen, Beruf und Ehrenamt unter einen Hut zu bringen. Josef, der als Polizist arbeitet, erkennt den Wert seines medizinischen Wissens in all seinen Lebensbereichen. Seine Familie steht hinter ihm, unterstützt ihn und ist unglaublich stolz auf den jungen Mann, der auch an Sonn- und Feiertagen fürs Rote Kreuz im Einsatz ist.

Für Josef ist das Gefühl, gebraucht zu werden, eine treibende Kraft. Die Möglichkeit, anderen in Not zu helfen, sein Wissen sinnvoll einzusetzen und Teil einer Gemeinschaft zu sein, motivieren ihn bei jedem Einsatz aufs Neue. Seine Geschichte zeigt, dass das Bedürfnis, einen positiven Beitrag zu leisten, in jedem von uns steckt und dass das schöne Gefühl, gebraucht zu werden, eine tiefe Zufriedenheit und Erfüllung schenken kann.